Ich denke, es geht nicht nur mir so: Man bewegt sich als Behinderter in der Öffentlichkeit und oft wird man angesprochen, wie stolz jemand doch sei, dass man sein Leben so selbstständig auf die Reihe kriegt oder wie toll es doch sei, dass man trotz seiner Behinderung sogar arbeiten geht usw...
Jedes Mal, wenn ich so eine Situation habe, frage ich mich, wie ich reagieren soll. Ich muss dazu sagen, ich bin meistens ziemlich schlagfertig. Oft überlege ich mir, ob ich einfach mal mit "Danke, mich erfüllt es auch sehr mit Stolz, zu sehen, wie Sie sich ohne Hilfe bewegen und einkaufen gehen können!". Dann denk ich mir aber meistens, dass dieser Mensch es wohl einfach nicht besser weiß und wie so viele nach dem gefährlichen Halbwissen lebt: "Behinderte sind arm, hilflos und depressiv.".
Meistens antworte ich dann doch nur mit "Danke, aber wieso sollte ich auch nicht, das Wetter ist ja doch ganz schön heute, da sitzt man ja ungern drinnen!". Wenn die Situation es erlaubte, entwickelte sich daraus dann auch gerne mal ein nettes Gespräch, denn die Personen wurden neugierig. DANN hab ich mein persönliches Ziel auch erreicht, denn dann kann ich das Vorurteil zerstören, wir wären ja so arm und hilflos. Danach fühl ich mich irgendwie immer gut, denn man hat dafür gesorgt, dass ein Mensch weniger den gesellschaftlichen Vorurteilen Glauben schenkt...
"Schön" sind auch die Situationen, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin und meinen Rollstuhl verlade. Ich muss zugeben, es sieht sehr "anders" aus, denn ich verlade den Rollstuhl nicht wie viele andere selbstständig autofahrende Rollstuhlfahrer auf dem Beifahrersitz, sondern im Kofferraum. Dazu hab ich mir halt nen kleinen Badezimmer-Hocker genommen und diesen auf ein Rollbrett geschraubt. Dort setz ich mich dann drauf und heb den Rollstuhl in den Kofferraum. Dann fahr ich mit dem Wägelchen ums Auto, setz mich auf den Fahrersitz und schmeiß das Teil in den Fußraum vom Beifahrer bzw der Rückbank, wenn ich nen Beifahrer dabei habe. Hat den Vorteil, dass im Falle eines Unfalls ich keinen 10-12 KG schweren Rollstuhlrahmen neben mir sitzen hab, der evtl. kuscheln kommen will :P
Jedenfalls hat man damit garantiert alle Blicke auf sich gerichtet. Nicht selten erleb ich es, dass dann zwischen 2 und 10 Personen um mich rum stehen (mehr oder weniger weit entfernt) und mich beobachten. Niemals würde einer von denen Hilfe anbieten, während ich dabei bin obiges zu vollbringen! Zu groß ist wahrscheinlich die Angst, ich würde mich beleidigt und gekränkt fühlen, wenn man mir damit ja indirekt Unselbstständigkeit unterstelle. (Was ich nen ziemlich krassen Gegensatz zu dem finde, was ich oben geschrieben hatte...). Sobald der Rollstuhl im Kofferraum ist, die Klappe zu und ich mich auf den Weg Richtung Fahrertür machen will, DANN kommt meist jemand und fragt, ob er mir helfen kann. Da ich ja vorher mitbekomme, dass ich beobachtet wurde, heißt es inzwischen nur noch: "Es tut mir leid, JETZT bin ich dann auch schon fertig...haben sie ja schön beobachten können!"
Insgesamt muss ich sagen: Ja, wir Behinderten haben es manchmal schwerer, aber nicht, weil unser Leben so grausam durch die Behinderung ist, sondern die Gesellschaft macht es uns meiner Meinung nach an vielen Stellen einfach schwer. Vermutlich Unwissenheit, nichtmal böse Absichten...Klar haben wir vielleicht das eine oder andere Paket mehr zu tragen, aber hey...dafür haben wir weniger Probleme bei der Parkplatzsuche (zumindest wenn sich grad kein Depp verbotenerweise auf die Behindertenparkplätze gestellt hat!), können kostenlos im ÖPNV fahren, haben fast überall Ermäßigungen und und und... :-) SO schlimm, wie also immer behauptet wird, ist das Leben als Behinderter also nicht! Nur manchmal etwas komplizierter (Oh du liebes Bürokraten-Deutschland...). Dafür an vielen Stellen lustiger, denn ich behaupte einfach mal, wir Behinderten haben nen eigenen Sinn für Humor :P Zumindest die meisten!
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